19.Januar 2016 - Phnom Penh, die 2 Gesichter Kambodschas
In der Nacht haben mich Fieberfantasien gepeinigt. Als am frühen Morgen das Thermometer immer noch 38,8 Grad anzeigt, ist mir klar, dass ich ärztlichen Rat brauche. Ein TukTuk bringt Katrin und mich zum International Hospital, wo uns freundliche Aufnahme und eine kompetente ärztliche Untersuchung erwarten. Gottseidank konnten per Untersuchung und Bluttest Lungenentzündung und das hier endemische Denguefieber ausgeschlossen werden. Mein Körper hat einfach zu sehr mit den Viren unter tropischen Bedingungen zu kämpfen gehabt. Irgendwie geht es mir nach dieser Abklärung auch deutlich besser, so dass wir einige der für Phnom Penh geplanten Besuche angehen können.
Wer die Geschichte dieses Landes kennen lernen will, der muss sich auch dem dunkelsten Kapitel stellen. In einem Vorort wird im Tuol Sleng Genozid Museum der Opfer des Pol Pot Regime gedacht, das in seiner Schreckensherrschaft von 1975-1979 1,7 Millionen seiner Landsleute umgebracht hat. 1976 wurde die ehemalige Mittelschule von den Khmer Rouge in ein Untersuchungs- und Foltergefängnis umgewandelt. Wer hierhin verschleppt wurde, kam nie wieder zum Vorschein. Mit bestialischer Folter wurden den Gefangenen absurde Geständnisse abgepresst, so dass man sie als „Volksfeinde“ dann eliminieren konnte. Zum Gedenken an die Opfer hat man die zu Folterzellen umgebauten Klassenzimmer so belassen. Auch die infernalisch kleinen Gefängnisbunker geben einen vagen Eindruck von der menschverachtenden Praxis des Pol Pot Regimes. Beim Betrachten der Bilddokumente und der Erlebnisberichte von Ueberlebenden fühlt man sich deutlich an die KZs erinnert. Von hier aus wurden die durch Folter „überführten Volksfeinde“ zu den Mordstätten 14 km ausserhalb Phnom Penhs transportiert. Mich haben die Dokumente und die original belassenen Räume derart mitgenommen, dass ich – auch in meinem noch immer labilen gesundheitlichen Zustand – nicht mehr zu der Gedenkstätte der „Killing Fields“ rausfahren kann. Thomas hat das allein auf sich genommen und beschreibt in dem folgende Exkurs seine Eindrücke.
„Die Fahrt von der Innenstadt Phnom Penh's zu den Killing Fields von Choeung Ek bereitet mir heftigen seelischen und körperlichen Stress angesichts der Vorstellung der Verfrachtung der gefolterten und an den Augen verbundenen Gefangenen auf den geschlossenen LKWs der Roten Khmer mitten in der Nacht. Praktisch alle derart Verschleppten wurde noch in der Nacht ihrer Ankunft ermordet. Doch der Schrecken dieser Vorstellung scheint beim Aussteigen aus dem luftigen Tuktuk an der Gedenkstätte beinahe verflogen zu sein da das "Genocidal Center" für Phnom Penh vergleichsweise ruhig und fast friedlich am Ende einer Vorstadtstraße, mit Anschluß an sich in die Ferne erstreckende Reisfelder, liegt. Doch dieser Eindruck trügt denn direkt nach dem Eintritt auf das Gelände der Gedenkstätte öffnet sich der Blick auf eine geschätzt 35 Meter hohe Gedenkstupa in der die Schädel von circa 8000 Ermordeten auf 9 (von insgesamt 17) Ebenen zum Gedenken und zur Mahnung aufbewahrt sind. Die Roten Khmer hatten ungefähr 17000 Menschen auf dem Gelände ermordet und anschliessend verscharrt. Durch die Glasfenster sind die unterschiedlichen zum Tode führenden Schädelverletzungen der Opfer schaurig deutlich zu erkennen. Heute sind die Schädel der Opfer, vom Greis bis zum Kleinkind, der Allgemeinheit auf Basis wissenschaftlicher Untersuchungen (u.a. Nach Alter, Geschlecht, Nationalität) zugänglich gemacht. Auf dem Rundweg durch das Ausstellungsgelände sind der Widerspruch von organisiertem, mit steinzeitlichen Geräten durchgeführtem, Massenmord, und, heute wahrnehmbarer landschaftlicher Idylle, nur sehr schwer zu ertragen. In aller Deutlichkeit und wissenschaftlicher Klarheit benennt der Audioguide Tat und Täter und die Gründe die letztendlich zum Einmarsch der vietnamesischen Truppen im Jahr 1979 geführt haben, um dem weiteren Völkermord Einhalt zu gebieten. Auf der Rückfahrt zu unserem Hotel führt mich ein aufmunternder Gedanke zur erkennbar unbeschwerten heutigen Jugend Kambodschas die 40% der Gesamtbevölkerung der unter 16 Jährigen ausmacht. In einem Gespräch mit einer jungen Frau glaube ich herauszuhören, dass es sich bei der Schreckensherrschaft der Roten Khmer um ein "lange abgeschlossenes" Kapitel der kambodschanischen Geschichte handelt. Die Nachfrage, ob und wie man sich im heutigen Kambodscha mit diesem düsteren Kapital auseinandersetzt, scheint sie nicht so recht verstehen zu wollen. So bin ich froh, meine Eindrücke und Gedanken bald wieder mit Katrin und Detlev teilen zu können.“
Dem Nachmittag waren dann die versöhnlicheren Aspekte dieser heute sich so freundlich präsentierenden Hauptstadt gewidmet. Wieder vereint lassen wir uns von einem TukTuk zum Königspalast fahren. Nach dem Umzug von König Norodom I nach Phnom Penh 1866 am Zusammenfluss von Mekong und Tonle Sap mit französicher Hilfe errichtet, fühlt man sich wie in einer Märchenwelt. Zum schlanken Thronsaal führen mit Nagaschlangen flankierte Treppen. Das Gebäude wird umschlossen von schlanken Säulen mit Kinnaras (mythologischen Frauenfiguren) und an den Ecken Garudas (der Kampfvogel des Gottes Shiva), das Dach zieren auch Nagaschlangen mit flammenartigen Körpern. Den Firstaufsatz bilden mythologische Vögel. Die Farben der glasierten Ziegel symbolisieren den Buddhismus (gelb), die Monarchie (blau) und das Land (grün). Leider kann man den Innenraum nicht betreten, das ist dem Monarch vorbehalten, nur durch die Fenster erspäht man im Halbdunkel, dass er üppig verziert ist. Auch Napoleon III hat mit einem Pavillon im Empire-Stil neben dem Thronsaal seine Gegenwart als Kolonialherr verewigt. Bei der Reiterstatue ist ihm das nicht geglückt. Dort kann man ihn nur an der Uniform erkennen, sein Kopf wurde später durch das Konterfei Norodoms ausgetauscht.
Glanzstück der ganzen Anlage ist die Silberpagode, so benannt, weil in Frankreich gefertigte Silberfliesen den Boden bedecken. Der populäre Name heisst Kloster des Smaragd-Buddhas, weil im Zentrum die heiligste Figur Kambodschas, ein grüner Buddha aus Baccarat-Kristall verehrt wird. Allerdings beeindruckt uns noch mehr eine überlebensgrosse Buddhafigur aus purem Gold, in die zu allem Ueberfluss mehrere 25karäter einearbeitet sind. Das Gewand ist mit tausenden kleinen Diamanten übersäht, ein wahrer Blickfang. Die ganze Anlage, mit einem kleinen künstlichen Waldhügel, Teichen und kleineren Pavillons als Bibliotheken wirkt wie eine Glücksoase.
20.Janaur 2016 Phnom Penh – Battambang
Die lange Busstrecke von Phnom Penh nach Siem Reap (Angkor) wollten wir durch einen Zwischenstopp in Battambang etwas komfortabler gestalten, zumal die Reiseführer auch von dem „kolonialen Charme“ dieser Stadt schwärmen. Komfortabel war die Fahrt mit einem Minivan der Gesellschaft „Mekong Express“ in der Tat. Das neue Fahrzeug brauste mit der vom Strassenzustand möglichen Höchstgeschwindigkeit durch die Landschaft. Die Strassen führen schnurgerade durch die flache Ebene Kambodschas: Soweit das Auge reicht, Reisfelder, Palmenhaine, Fruchtgärten. Hier wird die Tatsache nachvollziehbar, dass immer noch 80% der Bevölkerung auf dem Land lebt. Und dass sie wenig an dem wirtschaftlichen Boom teilhaben, das ist an den überwiegend ärmlichen Behausungen abzulesen. Wenn man nur Phnom Penh gesehen hat, so weiss man offenbar nicht, wie die Mehrheit der kambodschanischen Gesellschaft lebt.
Nach 5 ½ Stunden Fahrt erreichen wir Battangbam und beziehen für eine Nacht unser Hotel „Royal“ mit Backpacker-Atmosphäre, aber einem Jacuzzi auf dem Dach. Thomas und ich machen uns auf, um die versprochene architektonische Hinterlassenschaft des französischen kolonialen Erbes aufzuspüren. Das gelingt uns allerdings nur bei der Nationalbank. Ansonsten verstecken sich die angepriesenen architektonischen Leckerbissen hinter Reklamefassaden oder sind schlicht in erbarmungswürdigem Zustand. Insofern ist Battangbam eine Enttäuschung. Allerdings sind wir positiv angetan von dem aussergewöhnlich guten Zustand der Heiligtümer und Pagoden aus dem 17. und 18. Jahrhundert, die der Provinzgouverneur von Battangbam vor dem bildstürmischen Wüten der Roten Khmer gerettet hat. Ein erfolgreiches Beispiel von Gehorsamsverweigerung in einem mörderischen totalitären System. Trotz der Enttäuschung über den fehlenden „kolonialen Charme“ sind wir doch davon angetan, eine wohl typisch kambodschanische Provinzstadt ausser der Hauptstadt und dem Tourismusrummel erlebt zu haben. Katrin entdeckt auf eigenen Erkundungswegen den Frangipanibaum, nach dem sie schon lange fahndet, während ihr der schmuddelige Markt keine so reine Freude bereitet. Immerhin hat sie auf eigene Faust auch noch ein paar Kolonialbauten gefunden.
21. Januar 2016 Battangbam – Siem Reap (Angkor Wat)
Heute bot der „Mekong Express“ keinen schnittigen Minivan, sondern einen alten vollgestopften Bus, so dass die Fahrt nach Siem Reap ziemlich anstrengend wurde, obwohl sie nur 3 ½ Stunden dauerte. Siem Reap präsentiert sich als eine wohl entwickelte angenehme Stadt mit allen Fazilitäten. Hier brummt der internationale Tourismus. Thomas hat uns ein hübsches Hotel vor den Toren der Stadt ergattert, eine kleine Oase mit Pool in einem wunderschönen Garten, mit geräumigen Zimmern und nettem Service. Hier lässt es sich aushalten für 3 Nächte.
Am Nachmittag lockt der grosse Höhepunkt unser SOA-Reise, Angkor Wat. Wie erwartet, sind wir die einzigen Besucher nicht, als uns das TukTuk zu den Tempeln ausserhalb von Siem Reap fährt. Aber dass solche Pilgermassen, überwiegend chinesische Touristen, sich zu der Tempelburg wälzen, drückt dann doch etwas unser Hochgefühl. Gleichwohl, der Anblick der fünf gewaltigen Türme, die die kosmischen Götterberge Meru symbolisieren sollen, verfehlt seinen Eindruck auf uns nicht. Auf einer langen von Nagaschlangen flankierten Prozessionsstrasse, die der Architekt doppelt so lang konzipiert hat wie die Seitenlänge des Heiligtums, nähern wir uns dem Zentraltempel. Dadurch erklärt sich die monumentale Wirkung, wenn man darauf zu schreitet. Beeindruckend ist auch die klare Struktur der Anlage. Nicht umsonst wird sie auch als reifste Architektur der Khmer-Zeit gerechnet. Der Khmer-König Suryavarman II liess 1113 n.Chr. mit dem Bau von Angkor Wat nicht nur einen sakralen Komplex, sondern eine Königsmetropole errichten. Die Umfassungsmauern des Haupttempels sind überreich mit Reliefs verziert. Die Themen dazu haben die Künstler den hinduistischen Mythen des Mahabharata-Epos entnommen: dargestellt ist die mythische Schlacht zwischen den Armeen der Kauravas und Pandavas. Aus dem Meer der gegeneinander brandenden Kriegermassen ragen die Protagonisten übergross auf Streitwagen oder Kampfelefanten heraus. Die Detailfreude der Künstler ist an den keineswegs schematische dargestellten Gesichtern und den fantasievollen Kopfschmuckarten abzulesen. An dem 540 m langen Relief lässt sich viel an interessanten Einzelheiten entdecken. Wie erhofft, streben die Besuchermassen sogleich zum zentralen Bauteil, um dann in einer Schlange, die an die Besucherschlangen vor den vatikanischen Museen erinnert, darauf zu warten, dass man auf die höhere zentrale Balustrade klettern darf. Gottseidank, die Betrachtung der Reliefs ist wohl etwas anstrengend, zumal sich an der Westarkade ziemlich die Hitze staut. Umso ungestörter können wir uns dem Genuss der Reliefs zuwenden. An den anderen Seiten werden weitere Einzelheiten der Hindu-Mythologie dargestellt: Gott Shiva mir seiner Gemahlin Uma in asketischer Meditation auf dem Berg Kailash, den der Liebesgott mit einem Pfeilschuss stört. Eine andere Seite zeigt, wie die Devas und Asuras mithilfe von riesigen Nagaschlangen das Milchmeer quirlen, um Unsterblichkeit zu erlangen. Zu unserem Erstaunen gibt es hier auch so etwas wie ein Totengericht. Die Guten und Edlen streben in Begleitung ihrer Frauen in die Paradiese, während die Verurteilten in die Hölle stürzen, die zwar weit harmloser aussieht, als sie von den mittelalterlichen christlichen Künstlern fantasiert wird. Aber immerhin auch hier die Angstmache vor dem Jenseits. Es gibt noch vieles zu entdecken. Die Stunden schmelzen dahin in der Betrachtung alle wunderbaren Einzelheiten, von denen die Apsaras, die himmlischen Tänzerinnen, die die Götter nicht nur mit ihrem Tanz unterhalten, unser Auge eben besonders erfreuen. Der Anblick der Gesamtanlage im Abendlicht, der sich zu allem Ueberfluss auch noch im umgebenden Wassergraben spiegelt, krönt den Besuch von Angkor Wat.
Dagegen entpuppt sich der im Führer hoch gepriesene Blick auf den Sonnenuntergang vom Phnom Bakheng Tempel als Flopp. Wir stürzen mit dem Lemmingstrom der Touristenschwärme auf den Tempelberg, finden schon gar keinen Platz mehr, um die Sonne im Dunst der Ebene verblassen zu sehen. Welche Enttäuschung, zumal gar nicht, wie eigentlich erwartet, sich der Blick über Angkor Wat öffnet, sondern lediglich über die Urwaldlandschaft! Katrin, die hinter uns langsamer aufsteigt, ergattert noch eine Platz, als die Sonne untergegangen ist, und hält wenigstens die Szenerie auf einem Foto fest.
22. Januar 2016 Angkor - Banteay Srei, Landminenmuseum, Banteay Samre
Heute möchte Katrin etwas relaxen in unserem hübschen Hotel nach den Anstrengungen der letzten Tage. Deshalb nehmen Thomas und ich uns die etwas weiter entfernten Tempelanlagen (37 km) vor. Das TukTuk ermöglicht das Erleben dieser einzigartigen Kulturlandschaft ganz nah, mit allen Gerüchen und Geräuschen. In der Weitläufigkeit wird uns klar, auf welchen Grundlagen das Khmer Reich von 800 bis 1400 n. Chr. seine Macht entfalten konnte. Intelligente Wasserbassins und –kanäle, die nicht in das Gelände eingegraben, sondern durch Dämme auf einem höheren Niveau über den Feldern angelegt waren, sorgten für eine ganzjährige Bewässerung und 3 Ernten. So konnte eine enorm grosse Bevölkerung ernährt werden. Archäologen sprechen von einer 1 Million Einwohner des Angkor Gebietes. Damit wäre diese Stadt um 1100 n. Chr. herum wohl die grösste Metropole der Welt gewesen. Auch heute noch werden die Bassins und Kanäle emsig von Pflanzenwuchs gereinigt, meist von Frauen, wie wir sehen.
Die Faszination der kleinen Tempelanlage Banteay Srei, der um 1000 v. Chr. zu datieren ist, liegt in der filigran gearbeiteten Verzierung und dem variationsreichen Dekor. Blumen und Rankenwerk überziehen die Gebäudeteile. In den Eingangsbereichen, den Gopuras, und an den Bibliotheken sind die Tympana mit interessanten Reliefs gestaltet: Kampf zwischen den Affenkönigen Valin und Surgiva, Gotte Shiva auf dem Kailash, Gott Indra lässt es regnen, um ein kosmisches Feuer zu löschen, etc. Dank des harten Sandsteins ist der Erhaltungszustand der Reliefs ausgezeichnet. Wegen der filigranen Verzierungen und der niedlich kleinen Anlage nennen die Einheimischen diesen Tempel Banteay Srei (Zitadelle der Frauen).
Auf dem Weg zum nächsten Tempel statten wir dem Museum der Landminen einen Besuch ab. Da Kambodscha eines der am meisten mit Landminen verseuchten Länder war, ist es sinnvoll, hier der stillen Heroen der Minenbeseitigung und der vielen Opfer unter der Zivilbevölkerung, vor allem Kinder, zu gedenken. Das Museum ist ein rührend bescheidener Versuch, diesem bedrückenden Thema näher zu treten. Der Aerger darüber, dass Länder wie USA, Russland und China der Ottawa Konvention gegen Landminen nicht beigetreten sind, nur um an diesen schrecklichen Waffen zu verdienen, erhält hier neue Nahrung.
Gegen Banteay Srei fällt der zweite weit ausserhalb liegende Tempel Banteay Samre deutlich ab. Diesen Eindruck vermitteln nicht nur der schlechte Erhaltungszustand dieser Anlage, sondern auch die weit gröber gearbeiteten Reliefs. Die Themen erkennen wir nun schon ohne Kunstführerhilfe: Quirlen des Milchmeeres, Shiva auf dem Berge Kailash, Schlachtszenen mit Affenkriegern. Die Anlage wird zeitlich in die Regierungszeit von Suryavarman II ( 1112 – 1155), also in die Angkor Wat Periode eingeordnet. Daher wohl auch die etwas gröbere und monumentalere Architektur.
Katrin hat derweilen Siem Reap näher erkundet, schlenderte über den quirligen Markt und erfragte im Postamt, was eine kleine Paketsendung nach Deutschland kosten würde. Auch im Siem Reap gibt es ein FCC, das sie für eine Cocktailpause besucht. Neben dem FCC lockt ein Konfektionsladen mit Seidenartikeln. Da die Seide in Kambodscha (Kashmir-Seide genannt) als noch viel feiner und weicher gilt als die chinesische, kann sie nicht umhin, zwei schöne Seidenshawls zu erstehen. Nur die Heimfahrt war für sie nicht lustig, weil sie mit der Unfähigkeit eines TukTuk-Fahrers kämpfen musste, unser Hotel zu finden.
23. Januar 2016 - Angkor Thom und Ta Phrom
Höhepunkt und Spätling der Khmer Architektur ist die riesige Anlage von Angkor Thom. Hier sollen allein 250.000 Menschen gewohnt haben. Als zentraler Staatstempel fungierte der sog. Bayon, der zu den mysteriösesten Heiligtümern der Khmerzeit gehört. Nicht nur die verschachtelten Gänge und Kammern stellten die Archäologen vor zahllose Rätsel auch die gigantischen Gesichtertürme wurden lange Zeit für eine Darstellung Brahmas gehalten. Bis eine in einem versteckten Türsturz gefundene Inschrift diese übersinnlich lächelnden Gesichter mit der Buddha-Inkarnation des Bodhisattva in Verbindung bringen konnten. Heute wird allgemein akzeptiert, dass diese Gesichter wohl das Konterfei des Heiligtumstifters Jayavarman VII (1220-1244) darstellen. Im Zentrum seines Staatskultes strahlt der Herrscher mit vier Gesichtern in alle Himmelsrichtungen (und das 216-mal) seine beschützende Macht aus. Nun wird sinnfällig, wie dieses gigantische Reich ideologisch zusammengehalten werden sollte. Die metaphysisch lächelnden Gesichter verfehlen ihre Wirkung auch auf uns nicht. Gegenüber Angkor Wat, wo die Architektur die Leitlinien vorgab und die Plastik und Reliefs eher eine verzierende Funktion hatten, wirkt der Bayon wie eine zu einer Gesamtarchitektur gewordene Grossplastik.
Von dem riesigen Königspalast sind nur noch die repräsentativen Plattformen und Aufgänge erhalten. Mal sind sie von Elefanten verziert, mal von Garudas. An einer dritten Plattform, wohl in der Nähe des nicht mehr erhaltenen königlichen Mausoleums ist Yama, der Herrscher der Unterwelt mit seinem Hofstaat dargestellt. Mit einem Schwert in der Hand sitzt der Dämon zwischen anmutigen Devatas. Was für ein Kontrastprogramm!
Das TukTuk fährt uns durch den Urwald, der heute das einst grosse Stadtgebiet von Angkor Thom beherrscht, zu dem eigentümlichsten Tempel, Ta Phrom. Hier machen den Reiz nicht die Grösse oder Erhabenheit der Architekturplastik aus. Da die Archäologen den Tempel nicht ganz von der Umschlingung des Urwaldes befreit haben, wirkt er fast entrückt trotz der Besuchermassen. Wie Tentakeln eines riesigen Kraken haben sich die Wurzeln des gewaltigen Thitpokbaumes und der Würgefeigen über die Mauern gezogen und so ein neues eigenartiges Kunstwerk geschaffen, ein Verschmelzen von Kunst und Natur. Der Tempel muss eine riesige Klosteranlage beherbergt haben, die Jayavarman VII 1186 zum Gedenken an seine Mutter errichten liess (mit insgesamt 5.000 Mönchen und Assistenten). Dieser Tempel bietet einen gewaltigen Schlussakkord unserer Angkor Wat Tage.
Kurzer Rückblick auf Kambodscha
Wir sind von dem Land und seinen freundlichen Menschen sehr angetan. Auch hier ist der wirtschaftliche Aufbruch in die Moderne zu spüren, vor allem in der Hauptstadt, allerdings nicht so hektisch wie in Vietnam. Dagegen scheint die Landbevölkerung davon noch weitgehend unberührt zu sein und lebt in sehr einfachen Verhältnissen. Kambodscha präsentiert sich vor allem als junges Land, 35% der Bevölkerung ist unter 15 Jahren! Die schreckliche Vergangenheit der Roten Khmer-Diktatur scheint ebenso wenig im Bewusstsein präsent zu sein wie der amerikanische Krieg in Vietnam.
Die regierende Partei des Ministerpräsidenten Hun Sen, die kambodschanische Volkspartei, scheint allgegenwärtig zu sein. Dabei hat er die letzten Wahlen wohl nur durch Wahlbetrug gewonnen. Leider geht es den Oppositionsführern auch nur um die „reine Lehre“, so dass sich die beiden Kontrahenten gegenseitig blockieren, so die Analyse eines informativen Artikels aus der NY Times.