05. - 06. 05. 2012   Trujillo  Chan Chan


Bereits um 4 Uhr 30 fährt der Bus in Trujillo ein. Was soll man zu einer so frühen Zeit anfangen? Die guten Erfahrungen mit Taxifahrern ermutigen uns, dass wir uns auch hier einem anvertrauen. Der bringt uns zu einem schönen Hotel direkt in der Fußgängerzone, das uns auch sogleich ein Zimmer  zur Verfügung stellt, um erst einmal noch ein paar Stunden Schlaf nachzuholen. Die Fußgängerzone gefällt uns überaus gut, flankiert von schönen alten Häusern aus der spanischen Kolonialzeit mit prachtvollen Innenhöfen. Trujillo wurde 1534 von Diego de Almagro zu Ehren der spanischen Geburtsstadt von Francisco Pizarro gegründet und war Sitz einiger Vizekönige. Diese spanische Vergangenheit hat die Stadt geprägt; ähnlich wie in Arequipa fühlen wir uns wie einer südspanischen Stadt. Das warme, frühsommerliche Klima unterstützt diesen Eindruck. Lediglich die gewagt farbigen Anstriche der Kolonialgebäude, der Kathedrale und des Erzbischofspalastes, die die Plaza de Armas säumen, offenbaren südamerikanisches Temperament. Die Kathedrale ist eine der ältesten Perus, in ihrer provozierenden Farbigkeit wirkt sie fast modern. In Erinnerung an die hier in Trujillo 1820 proklamierte Unabhängigkeitserklärung Perus schmückt den Platz ein riesiges Freiheitsdenkmal. Zunächst glaube ich in der überlebensgroßen Statue Simon Bolivar in wehendem Mantel zu erkennen. Katrins Skepsis, dass die nackte Figur wohl kaum Bolivar sein könnte, lässt uns vermuten, dass die Figur wohl eine Allegorie auf die Freiheit darstellen soll. Immerhin ist es ungewöhnlich, die Freiheit durch eine männliche Figur symbolisiert zu sehen, wo wir uns doch seit Delacroix daran gewöhnt haben, dass eine weibliche Freiheit das Volk anführt.

 

In einem schönen Restaurant in der Fußgängerzone wird als Tagesmenü Cabrito (Milchzicklein) angeboten. Welch ein Geburtstagsessen! Leider haben wir just zu meinem Geburtstag eine traurige Nachricht aus der Heimat erhalten. Das dämpft unsere Freude erheblich und macht uns nachdenklich. Die Geburtstagsgrüße meine Tochter Katja via Skype bringen wieder etwas Freude in den Tag

 

Ich hatte mir zu meinem Geburtstag den Besuch der Ruinenstadt Chan Chan vor den Toren Trujillos gewünscht. Unser Taxifahrer von heute Morgen, Santos Morales (Was für ein Name!!!), freut sich, uns dahin zu chauffieren zu können. Chan Chan war einst die Hauptstadt  der Chimu, die 1000 – 1450 n.Chr. die  Küstenwüste Nordperus beherrscht haben, bevor sie von den Inkas erobert worden sind. Chan Chan bedeckte einst 20 qkm und war mit ca. 100.000 Einwohnern in ihrer Blütezeit nicht nur die größte Stadt Amerikas, sondern wahrscheinlich der ganzen Welt. Da sie nur aus Adobeziegeln erbaut war, haben besonders heftige Regengüsse des sog. El-Niño-Phänomens in der Neuzeit vieles von, zerstört. Trotzdem kann man erkennen, dass die Stadt in viele rechteckig ummauerte Stadtviertel (Ciudadelas) unterteilt ist. Den am besten erhaltenen Stadtsektor, nach dem Schweizer Südamerikaforscher Johann Jakob von Tschudi Palacio Tschudi genannt, kann man besuchen. Wie wohl die ganze Stadt ist auch diese Ciudadela symmetrisch angeordnet. Vielleicht waren in den jeweiligen Stadtquartieren bestimmte Berufsgruppen angesiedelt. Es gibt große Plätze, Zeremonialbereiche, eine große Zisterne, Vorratslager, Wohnbereiche und einen Friedhof. Die Zeremonialbereiche sind mit fein in die Adobemauern gearbeiteten Ornamenten verziert, mal sind Fische, aber auch Nutrias, Pelikane und Kormorane stilisiert dargestellt. Auch wenn die einzelnen Bereiche nicht mehr eindeutig identifiziert werden können, so ist der Gesamteindruck überwältigend. Beim Hauptzeremonialplatz erwartet uns ein Vorzeigeindianer in vollem Schmuck Chimu-Häuptlings. Als erfährt, dass ich heute Geburtstag habe, darf ich mich auf den Thron des Chimu-Königs setzen. Natürlich kostet das 3 Soles!

Während wir Chan Chan uns anschauen, hat Katrin unseren Taxifahrer Santos Morales beauftragt, ein Blumenarangement für mich zu besorgen. Das war eine große Überraschung, als mir der Taxifahrer die Blumen mit der Karte „Feliz Cumpleaños – mi amor 5.5.2012“  überreicht. Katrin ist eben eine Eventmanagerin, wo immer sie sich aufhält! Danke!!!

Der Taxifahrer bringt uns auch noch zu der Busagentur von „El Dorado“, die Nachtbusse nach Máncora anbieten.

 

6. 5.  Trujillo  -  Huaca de la Luna, Huaca del Sol – Fahrt nach Máncora

Das Hotel macht uns das Angebot, unser Zimmer für den halben Preis bis zum Abend, zu unserer Abfahrt zu nutzen. Das ist sehr angenehm und erleichtert uns nicht nur die Packorgie. Ich kann auch die vielen Geburtstagsgrüße und -wünsche mir im Internet ansehen, denn unser Hotel hat natürlich WiFi.

Am Nachmittag unternehmen wir noch einen Ausflug zur Huaca de la Luna und Huaca del Sol mit unserem gewohnten Taxifahrer. Weit draußen im Süden erheben sich zwei große Adobehügel, die sich beim Näherkommen als riesige Tempelanlagen entpuppen. Die Sonnen- und Mondpyramide sind die größten präkolumbianischen Heiligtümer Südamerikas, bestehen aus Millionen Adobeziegeln (urspüngliche Maße der Sonnenpyramide: 350 x 140 m, Höhe 41 m – auch wenn sie heute nur noch ein Drittel der Höhe hat, immer noch sehr beindruckend). Diese beiden Heiligtümer haben die Mochica (100 – 800 n.Chr.) gebaut, die die lebensfeindliche Küstenwüste durch raffinierte Bewässerungssysteme fruchtbar gemacht haben. Mit Aquädukten, die teilweise heute noch intakt sind, haben sie das Wasser aus den Bergen in die Küstenebene geleitet. Von ihnen sind auch die unglaublich realistischen Gesichtsvasen erhalten, die wir im Museum Larco Herreira in Lima so bewundert haben. Es passt, dass Katrin mir eine Vasenreplik der Mochica zum Geburtstag geschenkt hat.

Ein modernes Museum gibt einen übersichtlichen Eindruck in die Kultur der Mochica. Die Huaca de la Luna darf man nur mit Führung wegen der Originalbemalung besuchen. Unsere Führerin heißt Sara und scheint sehr kompetent, spricht auch leidlich gut Englisch. Zunächst kommen wir über eine Rampe in den hinteren Teil des Komplexes, wo offenbar die Menschenopfer durchgeführt wurden. Die Mochica, die selbst keine schriftliche Überlieferung besaßen, haben alles durch Bilder dargestellt. So weiß man, dass rituelle Kämpfe der Adligen veranstaltet wurden, die Verlierer wurden dann geopfert, nachdem sie mit dem Saft des San Pedro Kaktusses in Trance versetzt und betäubt waren. So barbarisch diese Riten auch sind, so scheinen uns im Vergleich die christlichen Scheiterhaufen eher noch barbarischer! Auf verschiedenen Ebenen (offenbar hat jede neue Regierung an der Pyramide weitergearbeitet, neue Terrassen angefügt und die alten Malereien überbaut), sieht man stilistisch unterschiedliche, aber im Bildprogramm immer ähnliche Darstellung einer höchsten Gottheit (eine Art Ur-Monotheismus): zoomorpher Kopf mit Pumazähnen und Schlangenhaaren, die in Wellen um den Kopf züngeln. Es hat durchaus Ähnlichkeit mit der Gottesdarstellung in Chavín de Huántar und Tihuanaco. Die Symbolik scheint auch klar: Puma= Erde, Schlangen= Unterwelt, Wellen=Meer, ist also wieder dieser Schöpfergott dargestellt. An der Schauseite sind fünf verschiedene Terrassen mit Bildbändern verziert, die die ganze Mochica-Mythologie und die verschiedenen Phasen des rituellen Kampfes und der Opferungen darstellen.

Zwischen der Huaca de la Luna und der Huaca del Sol, auf die man nicht mehr steigen kann, die vermutlich vor allem politisch repräsentativen Zwecken diente, liegt die Stadt der Mochicas. Da aus Adobe, ist auch nur noch wenig erhalten. Das Ausmaß der Anlage ist dennoch sehr eindrucksvoll.

Bis zur Abfahrt im Busterminal nutzen wir die Zeit noch, um Emails zu schreiben und gemütlich zu packen.   

 

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