12.04 2012  -  15.04.2012   Camino Inka  nach Macchu Picchu


Da dieser Wanderweg sehr beliebt und viel begangen ist, mussten wir schon ein halbes Jahr vorher den „Permit“ bestellen. Auch das ganze Arrangement mit einem obligatorischen Führer, den Trägern, die nicht nur unser Gepäck, sondern auch die Zelte, das Equipment für die Mahlzeitenherstellung und die Lebensmittel tragen, musste vorher mit einer Agentur gebucht werden. Wir haben mit Llama Andean Adventures sehr gute Erfahrung gemacht.

Interessant zu beobachten in Ollanta: die Anwerbung von Trägern, die dort scharenweise ihre Dienste anbieten. Um 9 Uhr war unsere kleine „Expeditionstruppe“ schließlich vollständig: unsere Führerin Haydee Elisabeth Prada Espinoza, die Träger Gerardo (gleichzeitig der Koch), Alex und Luis, Katrin und ich. Mit einem Kleinbus rumpeln wir neben den Gleisen von Perurail dem berühmten KM 82 entgegen, wo der Camino Inka bei der Hängebrücke über den Rio Urubamba beginnt.

 

  1. Tag    Km 82 – Wayllabamba,  8 km, Gehzeit ca. 5 h, Höhenunterschied: 450 m

Wir beeilen uns, die schmale Hängebrücke über den brausenden Rio Urubamba zu überqueren, weil Träger im Eilmarsch an uns vorbeidrängen, sie wollen rechtzeitig am Lunchspot sein, um das Zelt aufzubauen und das Essen zuzubereiten. An ihrem Tempo dürfen wir uns kein Beispiel nehmen, obwohl unsere Träger über 30 k schleppen. Wir wandern gemütlich am linken Ufer des Rio Urubamba bis zur Inkafestung Willcaraquay, die die Inkastadt Llaqtapata am Zusammenfluss vom Rio Cusichaca und Urubamba beschützt. Dann biegen wir in das Cusichacatal. Der bewölkte Himmel lässt uns die Regenflut spüren, so dass wir unsere ausgeliehenen Regenponchos ausprobieren müssen. Aber es ist angenehm warm und wir kommen gut voran. An einigen Ruhepunkten für die Träger bieten die Bewohner des Tals das Maisgebräu Chicha an, nicht so ganz unser Fall, da die Fermentierung dieses Getränks durch das gute Durchkauen der Maiskörner und die Spucke entsteht. 

Bei dem Weiler Jatunchaca haben unsere Träger ein Aufenthaltszelt aufgebaut, in dem sie uns ein vorzügliches Dreigangsmenü servieren. Vorher stellen Sie uns Schüsseln mit heißem Wasser zum Händewaschen hin. Welch ein Luxus! Nach dem Lunch wandern wir durch einen Eukalyptuswald noch 1 ½ Stunden talaufwärts bis zum Dörfchen Wayllabamba (2940 m), wo auf einer kleinen Wiese bei den Dorfbewohnern schon unsere Zelte aufgebaut sind, ein Zweimann-Zelt für unsere Guia und eins für uns. Es ist gerade noch so viel Tageslicht, dass wir uns in dem engen Zeltchen einrichten können. Ab 18 Uhr wird es ziemlich rasch finster. Der Platz ist wirklich idyllisch über dem rauschenden Cusichaca, die Toilettensituation jedoch katastrophal. Nun haben wir den Satz aus Schillers Ring des Polykrates :„Hier wendet sich der Gast mit Grausen“ erst so richtig verstanden. Das Abendessen wird wieder im Zelt bei Stirnlampenschein serviert, wieder ein vorzügliches Dreigängemenü. Wie der Koch Gerardo das so macht? Und das wird die nächsten Tage auf diesem Niveau bleiben. Die ganze Nacht trommelt der Regen auf unser Zelt. Trotzdem finden wir ein paar Stunden Schlaf.

 

  1. Tag  Wayllabamba – Pass Warmiwañusqa – Pacaymayu, Gehzeit: 8 h, Höhenunterschied 1.300 m im Aufstieg, 700 m im Abstieg

Um 5 Uhr 30 werden wir geweckt mit einem heißen Kaffee ans Zelt, wow! Nach einem reichhaltigen Frühstück starten wir gegen 7 Uhr zum schwierigsten und anstrengendsten Teil des Inka-Trails. Wir haben schon gelesen und gehört, dass der erste Tag leicht, der zweite aber eine Herausforderung darstellt. Also gut, wir sind gewarnt! Das Wetter zeigt sich von der besten Seite. Die Berge sind vom Frühlicht angestrahlt. Auch der ferne schneebedeckte Nevado Verónica leuchtet herüber. Aus dem Tal, in dem wir aufgestiegen sind, dampft der Frühnebel herauf. Eine grandiose Szenerie.

Zunächst überqueren wir den  Rio Llulluchyoc. Der Weg führt nun durch ein enges Tal 6 km hinauf auf den höchsten Pass des Trails, dem Warmiwañusqa (4.215 m). Der untere Talabschnitt ist von einem dichten Bergnebelwald bedeckt, so dass die brennende Sonne nicht hindurchstechen kann. Der interessante Bergdschungel mit unzähligen Bromelien, von den Bäumen herabhängende dünne Flechten und Orchideen lenkt zunächst von der Steilheit des Weges ab, der mit z.T. hohen Stufen rasch Höhe gewinnen will. Die unregelmäßigen Stufen strengen sehr an. Nach etwa 2 Stunden verlassen wir den Wald und erreichen in 3.700 m Höhe eine Bergwiese. Der Regen hat sich wieder zurückgemeldet, was bei der zunehmenden Steilheit des Pfades eher angenehm empfunden wird als sengende Sonne. Leider verbergen sich die Bergriesen hinter wallenden Wolken. Merkwürdiger Weise fällt uns das Atmen in der Höhe nicht schwer. Katrin überrascht mich durch zügiges gleichmäßiges Steigen. Sogar unserer Führerin steigen wir davon. Als wir auf der Passhöhe des Warmiwañusqa (4.215 m – Katrins höchste selbst erstiegene Stelle) ankommen, zeigt sich sogar etwas die Sonne, aber die in den Beschreibungen gepriesene Aussicht bleibt durch Nebel und tief ziehende Wolken verhüllt. Der Quechua-Name Warmiwañusqa bedeutet „tote Frau“, weil die Bergsilhouette einer liegenden Frau ähnelt- mit einiger Fantasie.

Nun folgt ein knielösender steiler Abstieg über hohe Stufen und unregelmäßige Pflasterung hinab ins Pacaymayu-Tal. Der Abstieg fällt Katrin deutlich schwerer als der Aufstieg. Nach den 700 Höhenmetern kommt sie ziemlich erschöpft im Camp am Rio Pacaymayu an. Das Wetter hat sich etwas gebessert und wir können im Trocknen unser Zelt beziehen. Lunch und Dinner folgen in kurzem Abstand, aber – wie schon am Vortag – vorzüglich. Die Toilettensituation lässt sich nicht beschönigen, eher noch ekliger als am Vorabend. Bevor wir ins Zelt kriechen, erfreut uns der Anblick des südlichen Sternhimmels.

 

  1. Tag  Pacaymayu – Runkuraqay-Pass – Puyupatamarca – Wiñaywayna, Gehzeit: 11 h, Höhenunterschiede: 600 m im Aufstieg, 1350 m im Abstieg

Es hat bis fast zum Wecktermin um 5 Uhr 30 mehrere Stunden heftig geregnet. Pünktlich zum Aufstehen hat das Wetter ein Erbarmen mit uns. Nach dem kräftigen Frühstück steigen wir auf der anderen Seite des Pacaymayu steil bergan bis zur Inkafestung Runkuraqay, ein für die Inkaarchitektur ungewöhnlicher Rundbau, der als Rast- und Stützpunkt oder Versorgungslager diente. Auf steilen Stufen gelangen wir in einer ½ Stunde zum gleichnamigen Pass in 3.900 m Höhe. Von hier soll man einen fantastischen Blick auf die schneebedeckte Cordillera Vilcabamba haben, den uns dichte Nebelschwaden wieder einmal verhüllen. Von nun an geht es hauptsächlich bergab, jedoch am Anfang so steil, dass Katrin Mühe hat, die 400 Höhenmeter abzusteigen. Deshalb quäle ich mich allein die schmale steile Treppe zur Inkafestung Sayaqmarca, die auf einem Felssporn liegt, hinauf. Der Quechua-Name bedeutet: unzugängliche Stadt. Die trutzige Wehranlage mit dicken Mauern soll einst zum Schutz der Versorgung auf dem Inka-trail gedient haben. Von oben sehe ich Katrin und die Trekkingführerin gerade das kleine Sperrfort Cochamarca passieren. Der weitere Weg führt durch einen dichten Bergurwald mit Palmfarnen und Orchideen bis zum Rastplatz Chaqiqocha, wo unsere Träger mit einem schmackhaften Lunch uns erwarten. Die Abstiege gestern und heute haben Katrins Füßen ziemlich zugesetzt. Hoffentlich schafft sie den Rest der Tagesetappe.

Der Pfad folgt der Berglehne, überwindet eine Steilstufe durch einen 16 m langen Tunnel, fest gegründet an schwindelnden Abhängen. Wir bewundern die Baumeister. Leider verwehrt uns Nebel die Tiefblicke. Bald erreichen wir einen kleinen Pass, direkt oberhalb der Inkastadt Puyupatamarca (= Stadt über den Wolken). Die terrassierte Anlage wurde harmonisch ins Gelände gefügt. Ein Brunnenheiligtum begrüßt den Wanderer. Manchmal reißt die Wolkenbank auf und wir blicken auf dicht bewaldete Dschungelberge. Die Nähe Macchu Picchus lässt sich erahnen. Der Trail führt über 800 extrem steile Stufen hinab (arme Katrin! Elisabeth bezeichnet sie als Gringo-Killer-Stufen). Noch etwa 2 Stunden folgen wir dem Pfad immer bergab ins Urubambatal. Tief unten erblicken wir den Ort Aguas Calientes und hören das Tuten des Zuges. Nach etwa 900 Höhenmeter Abstieg – wieder durch einen Höhlentunnel mit einer aus dem Felsen gehauenen Treppe - erreichen wir im letzten Tageslicht das Campamento Wiñaywayna (= auf ewig jung!!) wo sich unsere Träger über unser spätes Eintreffen schon Sorgen gemacht haben. Das Abendessen weckt wieder die Lebensgeister. Heute müssen wir früh ins Zelt. Denn um 3 Uhr 45 ist schon Weckzeit, weil die Träger nach dem Frühstück alles abbauen und mit dem Gepäck den Frühzug erreichen müssen. Deshalb ist nach dem Dinner auch Abschied. Die Träger sind mit dem Trinkgeld zunächst nicht ganz zufrieden. Aber als wir noch drauflegen, glättet sich die Stimmung. Der Zeltplatz zeichnet sich nicht durch eine akzeptablere Toilettensituation aus, ist aber so überfüllt, dass immer irgendwer an unserem Zelt vorbeischlurft. Also, an festen Schlaf nicht zu denken.

 

  1. Tag   Wiñaywayna – Macchu Picchu – Aguas Calientes, Gehzeit: 2 h, Höhenunterschiede minimal

Im Halbschlaf aus dem Zelt kriechen, den Rucksack packen, die Minimorgentoilette. Zu dieser Zeit 4 Uhr ist der Magen noch zu und das Frühstück muss buchstäblich heruntergewürgt werden. Und das alles, um eine halbe Stunde vor Öffnung der Kontrollstelle in der Schlange stehen. Als es dann endlich losgeht, erwartet uns eine traumhafte Teilstrecke des Inka-Trails. Auf halber Berghöhe windet sich der Pfad an Abgründen vorbei um die Bergfalten, vom Bergurwald umgeben, mit zahllosen Orchideen. Papageien turnen auf den hohen Bäumen. Langsam lässt das Frührot die Bergspitzen erglühen. Ein traumhaftes Bilderbuchwetter (das haben wir uns ja auch verdient) ermöglicht immer wieder Tiefblicke in das noch nachtdunkle Urubambatal. Die Spannung und freudige Erwartung auf das Ziel Macchu Picchu wächst bei jedem Schritt.

Als wir  dann gegen 7 Uhr 30 den Intipunku (= Sonnentor) erreichen, eröffnet sich ein Wahnsinnsblick auf die Inkastadt. Fast alle  Mühen sind vergessen, so unglaublich bietet sich Macchu Picchu unseren entzückten Augen dar…

 

Kurzes Fazit:

Der Inkatrail ist sicher die schönste Art, sich Macchu Picchu zu nähern. Unglaubliche Landschafts- und Natureindrücke erwarten den, der die Mühen eines 4tägigen Marsches über 45 km nicht scheut, auch nicht vor den Passanstiegen in enorme Höhen und gewaltigen Abstiegen auf keineswegs komfortablen Steinwegen zurückschreckt. Die Zeltlagerromantik mit den erwähnten Hygieneverhältnissen ist auch nicht jedermanns Sache. Nebenbei ist das Unternehmen auch mit erheblichen Kosten verbunden. Auch wenn man das alles nicht schön redet, war der Inkatrail für uns eine großartige Erfahrung und ein einschneidendes Erlebnis. Gleichwohl haben wir uns aus Spaß in Aguas Calientes ein T-Shirt mit der Aufschrift: „I survived the Inca-trail“ gekauft.

 

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